12.09.2024

Barrierefreiheit, Brandschutz und mehr Platz

Interview: Wie ein MKG-Chirurg seine volldigitalisierte Praxis auf 800 qm verdoppelt und damit zukunftsfähig aufgestellt hat

Bereits 2010 hat sich Dr. Christian Hilscher, Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie & plastische Operationen, mit seiner MKG-Praxis in Friedberg bei Augsburg niedergelassen. Zehn Jahre später hat er die Etage oberhalb seines Betriebs ebenfalls zur Praxis ausgebaut. Mit Unterstützung von Plandent sind zwei voneinander unabhängige Praxis-Etagen entstanden. Mit welchen besonderen Ansprüchen der erfahrene MKG-Chirurg das Projekt anging und welche Lösungen gemeinsam gefunden wurden, darüber spricht Dr. Hilscher im Interview.

Herr Dr. Hilscher, zusammen mit drei weiteren Behandlern führen Sie in Friedberg Ihre MKG-Praxis. Was hat Sie dazu veranlasst, Ihre Praxis um eine zweite Etage zu erweitern?

In unserer Bestandspraxis im ersten Obergeschoss herrschte bereits für die Kieferchirurgie Raummangel: Weder für die Chirurgen noch für unser Verwaltungspersonal hatten wir genügend Platz. Außerdem ist 2020 meine Frau, Dr. Ulrike Hilscher, Zahnärztin mit den Schwerpunkten CMD und Kinderzahnheilkunde, als Behandlerin in die Praxis eingestiegen. Auch für diese Leistungsbereiche brauchten wir weitere Räumlichkeiten. So haben wir zunächst die neu gewonnene Etage auf den Rohbauzustand zurückgesetzt und mithilfe von Plandent und unserem Bauleiter eine autarke Praxis errichtet. Im Anschluss haben wir die Bestandsetage renoviert und optisch sowie technisch an die neue Etage angepasst. Die beiden Praxen gehören zwar zusammen und werden im Alltag auch komplett zusammen genutzt, funktionieren aber auch losgelöst voneinander als eigenständige Betriebe.

Weshalb wurden die beiden Etagen als potenziell voneinander unabhängige Praxen konzipiert?

Wir haben mit der neuen Etage alles doppelt angelegt, da es von Projektbeginn an unser Plan war, dass die Praxen auch getrennt voneinander funktionieren – auch wenn wir sie jetzt als eine Einheit nutzen. Die Idee dahinter ist einfach: Wir denken schon heute vorausschauend an die Abgabe von Praxis und Tagesklinik in zwölf bis 15 Jahren. Die Zeiten haben sich geändert und es wäre bereits heute überaus schwierig, einen Einzelunternehmer als Nachfolger zu finden, der 800 qm Praxisfläche allein übernimmt. Die Niederlassungszahlen sinken ohnehin. Deshalb haben wir die Praxen – für uns zur Sicherheit – baulich von vornherein so angelegt, dass sie auch getrennt betrieben oder verkauft werden können. Die Separierung stellte natürlich eine besondere Herausforderung für die Planung dar.

Dres. Hilscher & Kollegen

Barrierefreier Empfang: Maßgeschreinerter Tresen in der MKG-Praxis Dres. Hilscher & Kollegen

Welche weiteren besonderen Ansprüche sollten erfüllt werden?

Da wir auch eine MKG-Tagesklinik sind und den Status als ambulantes OP-Zentrum innehaben, gelten für uns besonders hohe Anforderungen hinsichtlich Hygiene und Brandschutz. In unserer Bestandspraxis haben wir einen Klasse-1-OP mit den entsprechend vorgeschriebenen Schleusenbereichen sowie einen kameraüberwachten Aufwachraum mit Nachbeatmung. In dieser Etage haben wir keine Behandlungszimmer, sondern Eingriffsräume. Dadurch ergeben sich automatisch höhere Hygiene-Anforderungen – zum Beispiel muss eine gewisse Raumtemperatur eingehalten werden. Dabei helfen außen angebrachte Beschattungen, aber auch Klimaanlagen und Luftfilter in jedem Raum. Seit der Sanierung ist unsere Praxis auf beiden Etagen vollklimatisiert. Durch diese Maßnahmen leisten wir gleichzeitig einen Beitrag zum Mitarbeiterschutz. Damit sind wir arbeitsrechtlich und in Bezug auf die Hygiene auf beiden Etagen auf dem absolut neuesten Stand.

Außerdem muss eine MKG-Praxis sehr hohe Brandschutzanforderungen erfüllen – wir sind in der höchsten Brandschutzklasse eingestuft. Dazu zählen selbstschließende Brandschutztüren, teils feuerfeste Türen sowie Fluchtwege, die entsprechend beleuchtet und gekennzeichnet sein müssen. Auf diesem Gebiet hat uns eine externe Brandschutzingenieurin beraten, damit die Praxis allen Anforderungen gerecht wird.

Was sind darüber hinaus Besonderheiten Ihrer Praxis?

Wir wollten die kompletten 800 Quadratmeter Praxis barrierefrei gestalten. Dazu haben wir sogar außen am Haus einen Aufzug neu installiert. Innerhalb der Praxis sorgt unter anderem der rollstuhlfreundliche Empfangstresen, der in beiden Etagen extra maßgefertigt wurde, für Barrierefreiheit: An einer Seite ist der Anmeldetresen auf 70 cm abgesenkt, um auch Patienten im Rollstuhl auf Augenhöhe begrüßen zu können.

Um die Tresen exakt nach unseren Wünschen schreinern zu lassen, hat uns unser Planer und Architekt von Plandent, Sven Spitthoff, den Kontakt zur Firma Mann Möbel hergestellt: Damit hatten wir einen Spezialisten für Planung, Produktion und Montage von dentalen Praxismöbeln gefunden. Plandent war auch beim Thema Möblierung an der Gesamtkoordination und dem Gestaltungskonzept weiterhin federführend tätig.

Wie bei so vielen Detailentscheidungen konnten wir uns immer auf unseren Praxisplaner von Plandent verlassen. So wurden auch die WCs behindertengerecht umgebaut: Die Waschbecken sind unterschiedlich hoch angebracht, damit sie auch mit einem Rollstuhl unterfahrbar sind. Wir haben auch auf die Durchfahrbreite der Türen geachtet. Somit ist die Praxis nicht nur für unsere Patienten barrierefrei, sondern für unser gesamtes Team.

Behandlungseinheit in der MKG-Praxis Dres. Hilscher & Kollegen

Alle Behandlungsräume sind voll digitalisiert und hochmodern ausgestattet

Sie führen eine volldigitalisierte Praxis. Hat das den Umbau beeinflusst?

Schon von Anfang an, seit 2010, setzen wir auf 100 % Digitalisierung: Patientenakte und -aufklärung, Materialwirtschaft, QM bis hin zur Hygieneaufbereitung – bei uns sind sämtliche Abläufe volldigitalisiert. Bereits 2010 waren wir für den Bayerischen Gesundheitspreis nominiert, mit dem Projekte ausgezeichnet wurden, die auf besonders kreative und innovative Weise zu einer qualitativ hochwertigen ambulanten ärztlichen Versorgung in Bayern beitragen.

Die Digitalität spielt auch eine große Rolle für unsere Praxiseinrichtung, insbesondere was unsere sehr aufwendige IT angeht. Wir haben jetzt auf jeder Etage einen Serverraum. Daran hängen pro Stockwerk 17 Workstations. Dafür mussten 30 Kilometer IT-Kabel und noch einmal mindestens die gleiche Menge an Elektrokabel neu verlegt werden. Im Zuge der Renovierung haben wir auch unser WLAN in beiden Etagen modernisiert und verstärkt. Das war natürlich extrem aufwendig, doch alle Anforderungen wurden vom Plandent-Planungsteam stets berücksichtigt.

In der Behandlung arbeiten wir ebenfalls hochdigitalisiert, zum Beispiel mit einem großvolumigen DVT, mit dem man den ganzen Schädel abbilden kann. Hinzu kommen große Bildschirme zur Röntgenbetrachtung in jedem Zimmer. Zudem nutzen wir den Speicherfolienscanner VistaScan Mini View von Dürr Dental. Unsere Kleinröntgengeräte sind von KaVo – sie wurden in jedem Behandlungszimmer am Behandlungsstuhl montiert. Auch bei der Wahl der Geräte wurden wir von Plandent bestens beraten und ausgestattet.

Welche besonderen technischen Raffinessen wurden mithilfe von Plandent umgesetzt?

Plandent hat uns in vielen Punkten sehr unterstützt! In erster Linie hat Herr Spitthoff die Grundrisse angefertigt, die exakt unsere Anforderungen an unseren Workflow erfüllen. Mir waren zum Beispiel schöne und große Mitarbeiterräume für mein Team wichtig sowie ruhige Büroräume, ein Konferenzraum und – ganz pragmatisch – ein Wäscheraum. Aber auch ausstattungstechnisch und gestalterisch war uns unser Planer bis ins Detail eine große Hilfe: Beispielsweise hat Herr Spitthoff mit uns die Praxis- und die Wartezimmermöblierung ausgesucht. Gemeinsam mit meiner Frau hat er die Farben für das Praxisdesign ausgewählt.

Der besondere Clou sind die Deckenbildschirme in der Kinderbehandlung! Auch das war ein komplexes Vorhaben, da relativ große Bildschirme bündig in die Decke eingebaut wurden. Unsere kleinen Patienten sind jetzt während der Behandlung mit ihrer Lieblingsserie perfekt abgelenkt! Insgesamt waren wir uns beim Design in der Kinderzahnheilkunde schnell einig: Die Zeiten, in denen ein Pinocchio an der Wand gereicht hat, sind vorbei. Wenn die Kleinen aber die Minions an der Decke laufen sehen, machen sie schon von selbst den Mund auf – allein vor Staunen! Das funktioniert wirklich gut.

Wartezimmer

Die bestimmende Farbe findet sich in den Stuhlpolstern wieder

Apropos Design: Haben Sie die beiden Etagen im gleichen Stil eingerichtet?

Charakteristisch für unsere Praxis sind die Rundungen an den neuen Möbeln, zum Beispiel an der Anmeldung, im Wartebereich und an der Garderobe. Diese Gestaltungselemente haben wir auch für die Modernisierung der Bestandsetage übernommen. Farblich sind die Etagen ähnlich ausgestattet, unterscheiden sich aber dennoch: In der neuen Etage ist ein Dunkelblau-Metallic die bestimmende Farbe, die sich in den Stuhlpolstern und anderen Details wiederfindet. Die Bestandsetage war bislang in Weinrot gehalten, hier haben wir unser Farbkonzept verändert und es dominiert ein dunkles Anthrazit-Metallic.

Das klingt nach vielen kleinen und großen Veränderungen! Wie lief denn die Bauphase ab?

Der Bau war organisatorisch recht komplex, deshalb hatten wir, unabhängig von Plandent, auch einen eigenen Bauleiter beschäftigt. Zunächst haben wir die neue, obere Etage ausgebaut, während der Betrieb in der Bestandspraxis weiterlief.

In der neuen Etage erfolgte gleich zu Beginn ein Wanddurchbruch für den Außenfahrstuhl, der während der Bauphase Platz für eine Anlieferplattform für das Baumaterial bot. Diese Etage haben wir komplett entkernt, Estrich und Wände entfernt und in den Rohbauzustand zurückversetzt, eine neue Entwässerung installiert, Heizungsrohre verlegt, klimatisiert, beschattet. Auch hier haben wir das Thema Hygiene stringent durchgezogen und einen noch größeren, RKI-konformen Sterilgut-Aufbereitungsraum eingebaut.

Zunächst haben wir die obere Etage komplett fertiggestellt und anschließend die Bestandsetage modernisiert. Bei der Gelegenheit haben wir einen zusätzlichen internen Materialaufzug zwischen den Etagen eingebaut, der den alten und den neuen Steri miteinander verbindet. Insgesamt haben wir gut zwei Jahre gebraucht, bis alles fertig war.

Steriraum

Der RKI-konforme Sterilgut-Aufbereitungsraum: MELAG

Wie zufrieden sind Sie mit dem Ergebnis?

In Hygiene und Sauberkeit investieren wir viel Zeit und Geld. Wir führen eine blitzsaubere Praxis, die von zwei Putzteams täglich sechs Stunden lang gereinigt wird. Hinzu kommen die speziellen Hygienemaßnahmen. Unsere technischen Möglichkeiten sind State of the Art und volldigitalisiert. Kurz: Wir sind freundlich, modern, kompetent.

Alles, was wir unseren Patienten bieten, sollte sich in einem schlüssigen Praxiskonzept widerspiegeln. Und das haben wir mithilfe von Plandent und anderen starken Partnern optimal umgesetzt. Mit dem Ergebnis sind wir überaus zufrieden: Entstanden ist ein stimmiges Gesamtkonzept, mit dem wir uns für die nächsten 15 bis 20 Jahre zukunftsfähig aufgestellt haben, um weiterhin konkurrenzfähig zu bleiben.

Wie wichtig ist Hilfe von außen bei einem solchen Vorhaben?

Ohne unser Depot wären wir verloren gewesen: Es braucht einen zuverlässigen Industriepartner auf hohem Niveau, der sich um die Umsetzung eines solchen komplexen Konzeptes kümmert und uns auch nach Projektende weiter begleiten wird, zum Beispiel bei der Wartung und Validierung der Praxisgeräte. Die Zusammenarbeit mit Plandent lief immer unkompliziert und flexibel. Nach dem Motto „Geht nicht, gibt’s nicht“ haben wir gemeinsam alles hinbekommen. Das ist ein echtes Qualitätsindiz, daher freuen wir uns auf die weitere langfristige Zusammenarbeit mit Plandent!

Vielen Dank für das Gespräch!

Bilder: Albert Niedermeyr, Gandalf Hammerbacher

Text: Maria Reitzki