12.06.2024

Von oben bis unten: Alles im grünen Bereich? Sauganlagen und Volumenstrommessung

Eine zahnärztliche Sauganlage kann ausfallen und die ganze Praxis lahmlegen. Wie sich dieses Risiko minimieren lässt und wie sie selbst dabei mitwirkt, erläutert Prophylaxeassistentin Angela Lemke von Dürr Dental

Frau Lemke, Sie kommen als Medizinprodukteberaterin in viele Praxen und kümmern sich dabei vor allem um Sauganlagen. Welchen Herausforderungen begegnen Sie hierbei häufig vor Ort?

Angela Lemke: Ganz allgemein sollte auf die Sauganlage ein noch stärkerer Fokus gelegt werden als früher. Insbesondere ein höheres Aufkommen von Prophylaxepulver oder – speziell in der Chirurgie – das punktgenaue Entfernen von größeren Blutmengen, von Gewebe-, Dentin- und Knochenresten bedeutet automatisch: Die Sauganlage muss heute einfach mehr leisten. Leider erreichen viele Sauganlagen in den Zahnarztpraxen jedoch nicht die gewünschte Leistung von rund 300 Litern pro Minute Volumenstrom, die das Praxispersonal und die Patienten vor Aerosolen schützt und auch für den langfristigen Werterhalt des Saugsystems maßgebend ist.

Welche Konsequenzen haben Sie als Hersteller aus dieser Erfahrung gezogen?

Angela Lemke: Wir agieren als Anbieter von Systemen für die Praxis. Dazu gehören neben dem Saugsystem adäquate Desinfektions- und Reinigungsmittel. Hinzu kommt die Überprüfung des Absaugvolumens vor Ort. Genau das übernehmen wir als Service seit mehreren Jahren sehr erfolgreich, um die Praxen vor Ausfällen, kontaminiertem Reflux und Aerosolen zu schützen.

Kann der Zahnarzt die Prüfung des Volumenstroms der Sauganlage auch schnell einmal selbst durchführen?

Angela Lemke: So einfach ist das nicht. Für die Messung ist ein spezielles Gerät erforderlich und darüber hinaus technisches Wissen über das gesamte Saugsystem der Praxis. Denn es muss an jeder Behandlungseinheit der erforderliche Volumenstrom erreicht werden, auch wenn mehrere Einheiten gleichzeitig in Betrieb sind. Mit einem Durchflussmengenmessgerät kann direkt an den jeweiligen Saugschläuchen der Volumenstrom in Litern pro Minute gemessen werden, auch bei laufendem Praxisbetrieb.

Was sagen Ihnen die Ergebnisse?

Angela Lemke: Alles unter 300 Litern pro Minute hat einen Optimierungsbedarf, den die Praxis durch Anpassung der Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen ganz einfach befriedigen kann. Nach genauer Aufklärung in der Praxis wird später in Verlaufskontrollen geprüft, ob die Absaugung wieder optimal funktioniert.

Was sind Ihre Erfahrungen: Woran kann eine Beeinträchtigung der Funktion zahnärztlicher Saugsysteme liegen?

Angela Lemke: In 95 % der Fälle liegt die Ursache vor allem in nicht geeigneten oder falsch angewendeten Desinfektions- und Reinigungsmitteln.

Welche Produkte eignen sich besonders?

Angela Lemke: Am besten ist eine Kombination aus einem säurehaltigen Reiniger und einem mild alkalischen Desinfektionsmittel. Das ist optimal für die Werterhaltung des Saugsystems. Alkalische Desinfektionsmittel eignen sich, um organische Ablagerungen zu entfernen und um zu desinfizieren. Säurebasierte Reiniger eignen sich, um Kalkablagerungen und Prophylaxepulver aufzulösen. In der Regel gibt es für jedes Saugsystem speziell abgestimmte Produkte, die genau für den Anwendungszweck entwickelt und auf Materialverträglichkeit mit allen Komponenten aus dem System geprüft werden. Mild alkalische Desinfektionsmittel werden häufig als Konzentrat angeboten, beispielsweise Orotol® plus, und dienen zur gleichzeitigen Desinfektion, Desodorierung, Reinigung und Pflege aller zahnärztlichen Saugsysteme. Die Reiniger sollten organische Ablagerungen wie Speichel, Blut und Dentinstaub, gegebenenfalls mit Amalgamstaubanteilen, lösen. Mikrobiologisch sollten sie bakterizid, levurozid und begrenzt viruzid gegen behüllte Viren inklusive Hepatitis-B-Viren, Hepatitis-C-Viren, HIV sowie Coronaviren und gegen unbehüllte Adenoviren und Noroviren wirken. Die mild alkalische Lösung kann bis zur nächsten Wiederinbetriebnahme der Einheit im System bleiben und dort wirken, ohne Schäden an den Komponenten oder den Leitungen zu verursachen. Ein schaumfreier, saurer Spezialreiniger, z. B. MD 555 cleaner, ergänzt das Desinfektionsmittel, um Kalk, Prophylaxepulver sowie die daraus resultierenden Verschlammungen und Ablagerungen zu lösen und zu entfernen. Der säurehaltige Reiniger darf maximal zwei Stunden einwirken und ist danach mit zwei Litern Wasser auszuspülen; so steht es auch in unserer detaillierten Arbeitsanweisung. Quasi nach dem Prinzip einer Kaffeemaschine: Wenn Sie die Kaffeemaschine entkalken, bereiten Sie danach auch nicht direkt einen Kaffee zu, sondern spülen die Leitungen erst ein paar Mal mit Wasser aus, um den gelösten Kalk und den Reiniger zu entfernen. Dieses Prinzip ähnelt der Anwendung von MD 555 cleaner.

Brauche ich unbedingt zwei verschiedene Produkte?

Angela Lemke: Die Kombination aus einem säurehaltigen Reiniger, wie MD 555 cleaner, und einem mild alkalischen Desinfektionsmittel, wie Orotol® plus, ist optimal für die Werterhaltung des Saugsystems. Alkalische Desinfektionsmittel sind geeignet, um organische Ablagerungen zu entfernen und um zu desinfizieren. Säurebasierte Reiniger eignen sich, um Kalkablagerungen und Prophylaxepulver aufzulösen. Auch dies verhält sich wie bei der Kaffeemaschine: Allgemein wird zur Reinigung der Komponenten eine mild alkalische Spülmittellösung verwendet und zum Entkalken ein säurehaltiges Produkt. Jedoch ist Vorsicht geboten: Im zahnärztlichen Saugsystem dürfen ausschließlich für diesen Zweck zugelassene Produkte verwendet werden. Haushaltsreiniger und chlorbasierte Mittel haben im Saugsystem nichts zu suchen. Sie beeinträchtigen wesentlich die Funktion und greifen Materialien an. Auch schäumende oder schaumarme Produkte zur Sauganlagenreinigung und -desinfektion haben einen negativen Einfluss.

Was ist bei der Anwendung der beiden Produkte Orotol® plus und MD 555 cleaner außerdem zu beachten?

Angela Lemke: Wichtig ist, die angegebene Dosierungsempfehlung zu berücksichtigen und die jeweilige Einwirkzeit einzuhalten. Allgemein empfehlen wir, nach jeder Behandlung und vor jeder Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahme mit kaltem Wasser zu spülen.

Warum denn kaltes Wasser, reinigt warmes Wasser nicht besser?

Angela Lemke: Wenn warmes Wasser mit einer Temperatur über 40 °C verwendet wird, koaguliert das Eiweiß aus dem Speichel und dem Blut und verstopft Schläuche und Leitungen. Im maßgeblichen Leitfaden des Deutschen Arbeitskreises für Hygiene in der Zahnmedizin, kurz DAHZ, wird neben einer hochvolumigen Absaugung sogar explizit eine Spülung des Schlauchsystems der Sauganlage nach jeder Behandlung mit kaltem Wasser gefordert. Wer etwas anderes tut, bewegt sich jenseits der DAHZ-Empfehlungen. Dies und die sachgerechte Anwendung der Produkte erklären wir gerne in unserem kostenlosen Saugsystem-Check.

Wie oft sollte dieser Check, inklusive der Volumenstrommessung, in der Praxis durchgeführt werden und wie organisiert dies das Hygieneteam?

Angela Lemke: Eine Volumenstrommessung einmal pro Jahr reicht zur Sicherstellung der Funktion in der Regel aus. 

Vielen Dank für das Gespräch!

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Bild/Text: Dürr Dental